Der i3 wurde von BMW radikal neu entwickelt. Statt auf herkömmliches Blech zu vertrauen entstand hier ein Fahrzeug primär aus Kohlefaser – und das mit Blick auf Serienfertigung. Die Vorteile von CFK sind klar und allgemein bekannt: Gewicht wird reduziert, was speziell bei Elektrofahrzeugen entscheidend auf die Reichweite Auswirkungen hat.
Der erste Eindruck ist dann auch eher der eines „normalen“, etwas futuristisch aussehenden Autos. In den Details, gerade bei Spaltmaßen sieht man dann doch Unterschiede. Jedoch wird es auffällig, sobald man die Tür öffnet. Das Sicht-CFK im Bereich der Schweller ist OK und soll sicher die Innovation zeigen. Das luftige Cockpit mit den beiden Displays hat meinen Geschmack getroffen. Jedoch eine Katastrophe finde ich die Materialien in Tür und dem Instrumententräger. Die nach Jutebeutel und Teesocke aussehenden Oberflächen sind definitiv keines BMWs würdig. Da habe ich mehr erwartet und empfinde dies als Öko-Versuch, der der Marke nicht steht.
Hervorragend ist die Auflösung des Navigations-Displays. Hier können andere OEMs noch richtig lernen! Die Bedienung per iDrive ist…nunja, anders. Entweder bin ich dafür zu intelligent oder ich weiss es nicht. Dafür könnte ich allein ein eigenen Artikel schreiben.
Der Einstieg und die Sitzverstellung sind für mich tiptop. Trotz 1,92m passe ich wunderbar in das Auto und sitze sehr bequem – aber das muss man auch bei dem Fahrwerk…
Starten des Antriebes und die Gangwahl sind ungewohnt, erklären sich jedoch von selbst. Leider kam es bei mir öfter vor, dass ich den Wischerhebel mit dem Ganghebel vertauscht habe. Lag vermutlich daran, dass ich vorher viel Tesla gefahren bin. Sicherlich auch nur eine Gewohnheitsfrage.
E-Auto-typisch setzt sich der i3 in Bewegung. Kein Lärm, sehr gute Gaspedalreaktion und dabei völlig unaufgeregt. Man schwimmt einfach mit im Verkehr und ansich ist man einfach nur Teilnehmer im Straßenverkehr – sprich man ist nicht untermotorisiert oder eine lahme Ente. Das sollte auch bei der aktuellen E-Fahrzeug Entwicklung kein Thema mehr sein. 125kW soll der E-Motor haben und das merkt man auch. Auf der Autobahn kommt man zügig an die Limitierung von 150km/h und schwimmt auch hier gut mit.
Doch wie auch schon beim eGolf ist die Batterie-Kapazität absolut unzureichend – vorallem mit der Infrastruktur. Reale 140km Reichweite sind einfach nicht die Lösung. Auch wenn die Statistiker jetzt rufen, dass 90% aller Fahrten… das reale Leben will etwas anderes. Entweder das Fahrzeug bringt die Reichweite oder es gibt eine Infrastruktur, die mir dabei aushilft.
Infrastruktur heisst: schnelles Laden.
BMW hat hierfür einen CCS-Ladeanschluss für Gleichstromladen oder ein Onboard-Ladegerät.
CCS-Ladesäulen sind leider noch nicht weit verbreitet. Zwar habe ich das Glück, dass in meinem Umfeld 4 vorhanden sind, beim Besuch derer jedoch Ernüchterung sich breit machte.
#1 war „out of order“ (hier schlug ein SW Update fehl, wie ich erfahren musste).
#2 wird zum Feierabend des Betriebes durch eigene Fahrzeuge blockiert(die nicht geladen werden).
#3 war durch ein Fahrzeug belegt
#4 gibt es gar nicht mehr
Wenn CCS dann mal verfügbar wäre, könnte man mit 50kW in 30min rund 80% Reichweite erhalten. Also grob 100km.
Alternativ und relativ gut verfügbar sind Typ2-Ladesäulen die per Drehstrom das Onboard-Ladegerät bedienen.
Typ2 gibt es mit 43kW(sehr selten), 22kW(häufig), 16kW(sehr häufig) und weniger(noch nicht real erlebt) – wobei die Leistungsfähigkeit der Ladesäule vom fahrzeugeigenen Ladegerät auch umgesetzt werden muss.
Und genau hier hat BMW, wie auch VW und andere einfach daneben gegriffen! 3,7kW – also eine Phase mit nur 16A… wer denkt sich sowas aus? 6h dauert es die leere Batterie damit zu laden – es könnte eine Stunde an einem 22kW Anschluss sein. WTF?
Man muss sich überlegen, dass die Technologie ja eigentlich gefördert werden sollte. Als Hersteller sollte man also dem Kunden alles erdenkliche bieten, damit der freiwillige Verzicht, die Einschränkung zum Verbrennner-Fahrzeug so gering wie nur irgendwie möglich ist. Wenn ich also nur eine minimale Reichweite habe, dann sollte die Fuhre doch möglichst schnell an möglichst vielen Orten geladen werden. Das zeigt eigentlich sehr gut, dass das Thema eMobilität nicht so wirklich angekommen ist. Allerdings vermutlich weniger bei den Technikern, als viel mehr bei den Leuten mit den Taschenrechnern und Geldbeuteln, die so einen Onboard-Lader lieber gar nicht haben wollen.
Eine weitere Enttäuschung ist für mich das Fahrwerk, das auf jeder Bodenwelle hüpft und poltert. Dazu tragen auf alle Fälle die riesigen Reifen bei. Beim starken Beschleunigen zieht der Antrieb das Fahrzeug in eine Richtung und auch die hohen Rückstellkräfte der Lenkung sind unpassend und eigentlich nicht zeitgemäß.
Ebenfalls enttäuscht bin ich vom BMW i3 aber noch an anderer Stelle – gerade im Vergleich zum eGolf. Während der eGolf ein Verbrennerfahrzeug ist, das auf eAntrieb umgebaut wurde, ist der BMW speziell und nur für diese eine Sache entwickelt worden. All das Kohlefaser zum Gewicht sparen, Bauraum für die Batterie und den Antrieb – jede Ecke wurde für diesen einen Zwecke entwickelt.
Im Ergebnis jedoch hat er keine bessere Reichweite oder andere Vorteile. Zwar sind die Beschleunigungswerte etwas besser, aber das haben die wenigsten eFahrzeug Besitzer im Sinn. Auch die Verarbeitungsqualität von Interieur und Exterieur hinkt dem Golf hinterher(übers Design will ich nicht urteilen, denn das ist Geschmackssache). Für ungefähr das gleiche Geld bekomme ich im Golf mehr. Ich gebe zu, ich habe hier deutlich mehr vom i3 erwartet!
Sicherlich ist der i3 kein schlechtes Auto und BMW wird eine Menge im Bereich Kohlefaser in Verbindung mit Serienfertigung gelernt haben – ein Effekt, den man sicher in zukünftigen Fahrzeugen mehr und mehr merken wird. Doch hätte ich die Wahl, ich würde den eGolf nehmen (und von dem bin ich auch nicht sonderlich begeistert).
Abschließend und ganz bewußt gesondert noch ein paar Worte zum Range Extender:
Der Motor ist Fluch und Seegen zugleich. Ganz klarer Vorteil ist die Rettungsankerfunktion. Ist die Batterie leer, fährt man einfach weiter. Er spring an und bei höherem Tempo bemerkt man ihn kaum. Das ändert sich etwas wenn er mehr gefordert wird, aber so richtig auffällig ist er dann nur an der Ampel oder sehr langsamer Geschwindigkeit – und dann kann er schon mal nerven. Denn so ein Zweizylinder 650ccm Motor ist halt eher ein Behelf und erinnert im Klang schnell mal an den Moppel vom Baumarkt – ich weiss, ich tue jetzt vielen Motorradfahrer unrecht.
Als Rettungsanker funktioniert er wunderbar – aber ist das Konzept das richtige?
Genau genommen handelt es sich dabei ja um ein Hybridfahrzeug und nicht um ein Elektrofahrzeug.
Doch ist es sinnvoll die Bewegungsenergie des Verbrenners in Strom zu wandeln, diesen chemisch zwischen zu puffern um dann wieder elektrisch in Bewegungsenergie abzugeben?
Der Wirkungsgrad kann doch gar nicht gut sein und der Verbrennungsmotor müsste doch ansich direkt an die Räder wirken….